1. Die Ausgangssituation

Posted on September 3rd, 2010 September 3rd, 2010 by admin

Erste Schritte werden sowohl auf Länderebene als auch in länderübergreifenden Arbeitsgruppen gegangen. Es gibt Papiere, in denen spezielle Anforderungen, wie z.B. durchgehende Paginierung, Darstellung der gesamten Akte in einem Dokument, Notizfunktionen und vieles mehr zusammengetragen worden sind. Es gibt detaillierte Berichte über Produkte, die auf dem Markt erhältlich sind (z.B. Bericht der BLK-Arbeitsgruppe „elektronische Akte“), und es gibt Pilotprojekte (z.B. das Projekt „ergonomische elektronische Gerichtsakte“ und „Die elektronische Zweitakte in Wirtschaftsstrafsachen“ in Nordrhein-Westphalen, das elektronische Ordnungswidrigkeitenverfahren in Hessen, das Projekt „NeFa“ in Niedersachsen).

Grundlage der meisten Überlegungen sind Dokumentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssysteme (DMS / VBS). Derer gibt es viele auf dem Markt und sie unterscheiden sich letztlich nur durch Feinheiten. Einige Unternehmen haben ihre DMS- und VBS-Produkte auch bereits mit juristischen Feinheiten angereichert (ohne jedoch den Anwendern vorhandene aber unnötige Funktionalitäten zu ersparen).

Ein Dokumentenmanagementsystem ist aber letztlich nur ein virtueller Aktenschrank. Es dient einzig und allein der systematischen Aufbewahrung von Akten. Und ein Vorgangsbearbeitungssystem übernimmt die Verteilung der Dokumente in die richtige Akte und die der Akten zum Arbeitsplatz des richtigen Bearbeiters. Ohne Zweifel müssen die Aktenschränke und die Geschäftsgänge beim Wechsel in die elektronische Welt ausreichend Beachtung finden. (Hilfreich wäre noch, die entsprechenden Prozessordnungen an die anderen Erfordernisse der elektronischen Aktenführung anzupassen.) Wenn aber die elektronische Abbildung des Aktenschranks und der Geschäftsgänge die Sicht auf die Kernaufgaben eines Richters, Staatsanwaltes, Rechtspflegers oder der Geschäftsstellen versperrt, leidet die Akzeptanz der Anwender.

Ein Richter oder Staatsanwalt interessiert sich statt für die Logistik vor allem für den Inhalt der Akten. Die Geschäftsstelle möchte die Kontrolle über den Ort und Gang jedes einzelnen Stücks Papier behalten, von Details des Streits zwischen A und B jedoch verschont bleiben. Ein DMS/VBS hat sicher für jeden von ihnen etwas dabei, aber auch für jeden von ihnen etwas zu viel.

Verschiedene Arbeitsweisen benötigen verschiedene Arbeitsmittel. Dieser Grundsatz sollte nicht in Vergessenheit geraten, nur weil mit dem Einzug der Bits und Bytes in den Arbeitsalltag eine Fülle von Werkzeugen zum Greifen nah ist. Viele Informationen und viele Funktionalitäten machen permanentes geistiges Filtern notwendig, dessen Frustrationspotential hinreichend bekannt ist. In einem dreistufigen Kontextmenü die richtige Verfügung zu finden dauert nicht nur länger als ein Kreuz im Papierformular oder eine handschriftliche Notiz. Es raubt auch geistige Ressourcen. Bei jedem Aufruf bedürfen wieder sämtliche Verfügungen der Aufmerksamkeit des Nutzers. Stehen dagegen nur wenige und vor allem nur die relevanten Informationen und Funktionalitäten zur Auswahl, wird der einfache Mausklick, der einen Arbeitsvorgang beendet, zum Mehrwert gegenüber der Papierakte.

Bei der Entscheidung für elektronische Akten sollte deshalb nicht die Suche nach dem richtigen Aktenschrank und dem größten Werkzeugkasten im Vordergrund stehen, sondern  elektronisch umgesetzt werden, was am Schreibtisch der einzelnen Bearbeiter passiert.

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